HIER LEBT… #1

… ein Haus zum Atmen

Komm rein. Menschen aus der Region lassen uns eintreten in ihr Zuhause. Sie zeigen uns, wie sie wohnen und leben. Dieses Mal öffnet uns Katja Caroline Senn in Burgkunstadt die Tür zu ihrem Haus auf Stelzen.

Was braucht es für ein zufriedenes Leben? Worauf kommt es wirklich an? Wenn Katja Senn auf ihrer Terrasse sitzt, das Maintal überblickt und an ihrem Kaffee nippt, hat sie keinen Zweifel: Sie ist angekommen. Sie ist zurückgekommen. Die 30-Jährige ist hier in Burgkunstadt aufgewachsen, hat sich im Teenageralter jedoch eingeengt gefühlt. „Ich wollte weg. Ich wollte etwas anderes sehen und erleben“, erzählt sie uns. Mit 20 zieht sie nach Berlin. Später lebt sie gemeinsam mit ihrem heutigen Mann Leo in Heidelberg und Bayreuth. Beide haben herausfordernde Jobs. Sie arbeitet in leitender Position im Medizinbereich, Leo ist Softwarearchitekt. Sie merken, dass die Stadt sie dauerhaft nicht glücklich macht. „Das Überangebot, die Reizüberflutung, das wurde zu viel“, sagt Katja. Als ihre Großeltern kurz nacheinander versterben, zieht es sie zurück in die Heimat und zur Familie. „Ich habe den unbändigen Wunsch verspürt, später im Alter für meinen Vater da sein zu wollen.“ Katja kehrt zurück – gemeinsam mit ihrem Mann. Sie suchen einen Ort, der sie erdet. Und finden ihn in ungewöhnlicher Lage.

Wir sind in einem Neubaugebiet in Burgkunstadt. Hier herrschen geordnete Verhältnisse. Die Häuser sind gemauert und verputzt. Und dann ist da das Haus der Senns. Unweigerlich bleibt das  Auge an der Fassade hängen. Warmes Lärchenholz hebt sich vom Weiß der Nachbarhäuser ab. Die Holzbauweise hat dem Haus schon viele Spitznamen wie „der Stadl“ geschenkt – nett gemeint, oder nicht. Und dann ist da noch das Grundstück. Eigentlich würde hier gar kein Haus stehen. „Der Bauplatz verkaufte sich lange Zeit nicht“, weiß Katja. Die Hanglage schreckte viele Häuslebauer ab. Wie sollte hier ein Fundament gegossen werden, das noch dazu bezahlbar wäre? Doch die Senns sahen nicht die Herausforderung, sondern das Besondere. Nämlich drei große Birken im Garten und der Blick über das Maintal. Katja wusste, sie haben hier einen Schatz gefunden. „Wir wollten das Grundstück sofort haben.“ Und was sie auch haben wollten, war ein ganz bestimmter Architekt. Katja war begeistert von einem anderen Haus in Burgkunstadt und machte den Architekten ausfindig: André Rösch, der damals bei dem Planungsbüro Strukturdesign in Lichtenfels arbeitete. Er hat seine ganz eigene Handschrift. Naturbelassen, ökologisch, schlicht und neue Wege gehend. Seine Häuser spalten die Meinungen. Mit Kritik kann der gelernte Zimmermann umgehen. Sticheleien und Na-Ich-Weiß-ja-nicht- Blicke nimmt André Rösch mit Humor.

Auch er ist heute gekommen, sitzt mit Katja auf der Terrasse und erinnert sich: „Du hast mich gefragt, ob wir am Hang was hinkriegen.“ „Kriegen wir“, war seine Antwort. Mit Katja und Leo Senn habe es von Anfang an gestimmt: „Wir waren auf einer Wellenlänge“. Und das ist André Rösch wichtig. Architektur beschreibt er als etwas „sehr Intimes“. Es brauche gegenseitiges Vertrauen. Längst ist aus dem geschäftlichen Verhältnis eine Freundschaft entstanden.

Die Senns lassen sich damals voll auf Andrés Vision ein. Ihm schwebt ein Haus auf Stelzen vor. Orientiert hat sich der Architekt, der schon in der ganzen Welt gearbeitet hat, an Häusern, wie sie in Skandinavien, den USA oder Australien gebaut werden. Punktfundamente tragen das Haus. So konnten sie den Hang gut ausgleichen, das Haus bekommt Luft und es musste keine große Fläche versiegelt werden. Auch in anderer Hinsicht ist das Haus ökologisch durchdacht. Die Wände sind mit Lehm und Stroh verputzt. Im Garten steht eine Wärmepumpe. Gewaschen und gespült wird mit Regenwasser.


Haus mit Aussicht
Aussicht gibt es nicht nur draußen. Von der Galerie überblickt man Küche, Wohnraum und die Terrasse.


Rosa?!
Egal was andere sagen, Katja Senn liebt ihr Bad. Sie mag den Stilbruch zum rustikalen Holz.


In luftiger Höhe
Von der Galerie geht es ins Schlafzimmer und Bad.

Bitte eintreten
Alles offen, alles hell, alles luftig. Von der Eingangstür schaut man bis in den Garten.

 

Fundstück
Vermeintlich unfertige Ecken geben dem Haus Charakter. Eine Wand in der Küche schmückt eine Pressspanplatte mit alten Bauzeichnungen.

 

Heute befreundet
Katja Senn und Architekt André Rösch erinnern sich an die Bauphase. Viel haben die Senns in Eigenleistung gemacht. Silvester 2021 sind sie in ihr Haus eingezogen.

 

Schöner Garten
Die drei Birken waren der Grund, warum sich die Senns in das Grundstück am Hang verliebt haben.

 

Holz auf Holz
Das Lärchenholz darf natürlich altern. „Es wird schöner mit den Jahren“, findet Andrè Rösch. „Dann bekommt die Fassade ihre Patina.“

 

Atem, Körper, Geist
Mit einem eigenen Yogastudio im Haus, hat sie sich einen Traum erfüllt.

 

Hingucker
Über bewundernde Blicke für die Treppe muss Katja immer wieder herzlich lachen. Denn eigentlich ist es noch die Bautreppe. Doch sie passt perfekt ins Raumbild. Sie darf wohl bleiben.

 

Hoch hinaus
Acht Meter sind es bis unter die Decke. Als „befreiend“ beschreibt Katja das Raumgefühl.

 

Noch draußen oder schon drinnen?

Die Grenzen verlaufen fließend. Die Faltschiebetüren haben übrigens auch André Rösch zu einem Spitznamen inspiriert: „Das Cabriolet-Haus“.

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